Seit 2006 unterstützen wir Bernardo Rosemeyer, genauer gesagt den von ihm gegründeten Verein "O Pequeno Nazareno". Bernardo widmet sich seit mittlerweile über 40 Jahren den Straßenkindern Brasiliens. Angefangen hat er als Streetworker in der Großstadt Fortaleza.
Mit italienischer Hilfe konnte er in den 90er Jahren das erste Kinderdorf in Maranguape (nahe Fortaleza) bauen; einige Jahre später entstand ein zweites Nazarener-Dorf in Recife und schließlich ein drittes in Manáus.
Kinder in Nazarener-Kinderdörfern können wieder unbeschwert Kind sein und beginnen hier ein neues Leben.
Die große Zeit der Kinderdörfer ist in Brasilien inzwischen vorbei. Die drei Nazarenerdörfer sind nach wie vor wichtig, um Kinder von der Strasse zu holen und ihnen übergangsweise ein neues Hause zu geben. Der Verein hat heute allerdings die gesamte Familie im Blick, d.h. es wird nicht mehr nur den Strassenkindern geholfen, sondern man versucht ihre Eltern ausfindig zu machen und die Kinder in ihre Familien zu reintegrieren. Das ist leichter gesagt als getan, denn die Beweggründe, warum Kinder ihre Eltern verlassen, sind oft unverändert geblieben. Häufig sind es Alkoholismus, Drogen und Gewalt innerhalb der Familie. Für die Betreuung dieser Familien hat der Verein mehrere Sozialarbeiter/innen angestellt. Neben dieser Sozialarbeit für Familien hat der Verein Ausbildungsprogramme ins Leben gerufen, die neben den Straßenkindern auch ihren Geschwistern offen stehen. Zur Zeit nehmen insgesamt 340 Jugendliche am Unterricht teil: 100 in Fortaleza, 30 in Recife und 210 in Manaus.
Die schulische und berufliche Ausbildung ist der wichtigste Schritt, um jungen Menschen langfristig eine Perspektive zu geben. In Brasilien gibt es ein Gesetz namens
„jovem aprendiz“, nach dem alle Betriebe mit mehr als 10 Angestellten verpflichtet sind, auszubilden bzw. Lehrstellen anzubieten.
5 Lehrer und eine Koordinatorin bereiten die Jugendlichen in mehrmonatigen Kursen auf die Auf-nahmegespräche in diesen Firmen vor. Unterrichtet werden Portugiesich, Mathematik, Berufsethik und einige
weitere fachübergreifende Fächer. Wo immer möglich wird eine Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Organisationen gesucht. In Fortaleza bspw. ist es die Universität, die die Räum-lichkeiten
für den Unterricht stellt. Die Erfolgsquote ist beachtlich: zwar haben es nicht immer alle Jugendlichen schon nach dem ersten Aufnahmegespräch geschafft, aber nach mehreren Anläufen konnten bislang
alle vermittelt werden.
In 2018 hat der Verein Pequeno Nazareno eine Projektausschreibung des brasilianischen Unternehmens Petrobrás zur Förderung marginalisierter Jugendlicher für sich entscheiden können. In der Nähe des Hafenviertels von Fortaleza hat die Kirche Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, die zunächst renoviert werden mussten. Diese sind inzwischen zu einem Zentrum für die Aktivitäten in dieser Favela geworden, inzwischen hat die Kirche dem Verein das Gebäude sogar überschrieben. Die Projektziele der Ausschreibung deckten sich mit der bisherigen Arbeit des Pequeno Nazareno: Familienarbeit, Arbeitsvermittlung von Jugendlichen, Betreuung von Strassen- und auch arbeitenden Kindern sowie Angebote von Kulturprogrammen für Jugendliche. Die Petrobrás hat das Projekt zwei Jahre lang finanziert.
Im Jahre 2024 hat der Verein Pequeno Nazareno erneut eine Auschreibung gewonnen, diesmal muss die Arbeit auf weitere 7 Städte ausgeweitet werden. Im Januar 2025 konnten wir Bernardo und Flaviana, eine seiner Sozialarbeiterinnen, bei einem Besuch in der Favela "Lagoa do Urubú" begleiten. Hierzu gibt es einen eigenen Bericht.