1982 begann Pater Arnold mit den Bauarbeiten für das Kinderdorf in Simões Filho. Im Jahr zuvor lernten wir ihn über Pater Beda im Kloster Bardel kennen, denn beide gehörten dem Orden der Franziskaner an. Frei Arnoldo - wie er in Brasilien hieß - war ausgebildeter Zimmermann und trat erst als Spätberufener in den Orden ein. Er kam im Dezember 1958 noch mit dem Schiff nach Brasilien und gehörte der Südprovinz der Franziskaner an. Aufgrund seines Asthmas ließ er sich nach Bahia versetzen und lernte dort Pater Beda kennen. Ein Leben im Kloster war nichts für ihn. Seine handwerkliche Ausbildung prädestinierte ihn für das, was seine Arbeit zeit seines Lebens in Brasilien ausmachte: Er war ein Baumeister und erschuf zahlreiche Kirchen, Kapellen, Schulen und Kindergärten. Von vielen wurde er auch respektvoll "der Meister" genannt.
Das Kinderdorf sollte sein größtes und letztes Bauprojekt werden. Das 7,5 ha große Gelände wurde ihm von der Leiterin eines Waisenhauses in Salvador geschenkt, Donna Dalva. Sie bat Frei Arnoldo, ihren Traum zu verwirklichen und den Kindern aus dem Waisenhaus ein neues Zuhause zu geben. Es sollten 12 Häuser für insgesamt 120 Kinder entstehen, in jedem Haus 10 Kinder und eine sogenannte Sozialmutter. Die Kinder sollten außerhalb des Dorfes in eine Regelschule gehen, um den Kontakt zur Außenwelt nicht zu verlieren.
Zu Beginn der Arbeiten in 1982 waren zunächst Michael Brinkhoff und Bernd Kemper aus Haltern vor Ort und halfen mehrere Monate mit. Zunächst wurde das Gelände urbar gemacht, Plantagen angelegt und für die Bewässerung ein Wasserturm gebaut.
Die Konstruktionen für die Häuser fertigte Arnoldo selber an, und oft genug legte er auch bei den eigentlichen Bauarbeiten selbst Hand mit an. Neben den Orangen- und Bananen-Plantagen wurde auch ein großer Garten angelegt. Zum einen sollte die Versorgung des Kinderdorfes mit Gemüse und Früchten ergänzt werden, zum anderen diente die Landwirtschaft auch pädagogischen Zwecken.
Nach 8 Jahren Bauzeit war das Kinderdorf im Wesentlichen so fertiggestellt, wie es geplant war. Was sich aus heutiger Sicht schnell herunter schreiben läßt, war damals mit großen Problemen verbunden. Vor allem die Finanzierung des Projektes war überhaupt nicht gesichert. Aber Arnoldo hatte eine gehörige Portion Gott- und Selbstvertrauen, und er konnte Menschen von seinen Ideen überzeugen. So begeisterte er uns bei den Projektbesuchen und wir fingen an Geld zu sammeln. Das war im Prinzip der Beginn unserer Brasilien-Cooperative. Und am Ende hatten wir mit über einer halben Millionen DM das Kinderdorf gut zur Hälfte mit erbaut. 1994/95 wurden noch eine Schreinerei und eine Bäckerei gebaut, die das Kinderdorf finanziell absichern und Ausbildungsplätze schaffen sollten.
1995 kündigte Frei Arnoldo seinen langsamen Rücktritt an. Zunächst übernahm der Luxemburger Padre Emílio - Pfarrer in Simões Filho - die Verantwortung. Da er mit seiner Pfarrei genügend Arbeit hatte, ging unser Vereinsmitglied Thomas Borgs 1997 für acht Monate nach Brasilien und übernahm mit der Chefpädagogin Ivonita die Leitung des Kinderdorfes. Anfang 1999 verstarb Pater Emílio ganz plötzlich und unerwartet während eines Heimaturlaubes in Luxemburg. Thomas sprang erneut ein und half aus. Im Jahre 2001 verstarb auch Frei Arnoldo und Pater Lucas wurde Präsident des Kinderdorfes.
Das Kinderdorf existiert auch heute noch, allerdings sind dort keine Waisenkinder mehr untergebracht. Es funktioniert aufgrund veränderter Bedingungen und Anforderungen der heutigen Zeit als offenes Ausbildungs- und Kulturzentrum für Kinder und Jugendliche aus Simões Filho. Und was Pater Arnold sicher sehr gefallen würde: Raimundo, eines der Kinder, die als Waisen ins Kinderdorf kamen, leitet heute den Gemüsebau und ist zu einem Experten in der Tröpchenbewässerung geworden. Sein Fachwissen und sein Rat wird weit über das Kinderdorf hinaus geschätzt und gesucht.